Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass meine Großeltern bis ins hohe Alter hinein hinter ihrem Haus selber Gemüse angebaut haben. Als kleines Kind fand ich es total spannend, mit meinem Opa Kartoffeln oder Möhren aus dem Boden zu holen oder im Kirschbaum herum zu klettern.

Als wir dann schließlich unser kleines Stadthaus saniert haben, haben wir natürlich auch über den Garten nachgedacht. An einen wirklichen Nutzgarten war bei gerade einmal 150m² Fläche nicht zu denken. Insbesondere, wenn man noch Terrassen und Wege bedenkt.

Wir haben daher vor zwei Jahren entschieden, unseren Garten als Ruhepol und Rückzugsort zu gestalten. Mediterrane Stilelemente und geschwungene Formen sollten zur Entspannung beitragen. Das haben wir auch geschafft. Nutzpflanzen (Wein, Zitrone, Olive, Kiwis, Feige) haben wir nur berücksichtigt, sofern diese gestalterischen oder mediterranen Gesichtspunkten entsprachen. Hinzu kamen noch Kräuter und viel Lavendel für ein südliches Flair.

Urban Gardening – unser Feigenbaum, nach drei Jahren Wachstum dürfen wir uns auf eine üppige Ernte freuen

Der erste Anstoß, mehr aus unserem Garten zu machen, kam Anfang Mai, als wir auf unserem Geburtstag zufällig auf das Thema Gemüseanbau kamen und wie feststellten, wie sehr wir es als Kinder doch alle genossen haben, mit Oma oder Opa zu ernten – egal, ob es sich um die oben schon erwähnten Kartoffeln, Möhren oder aber um Kohlsorten, Äpfel, Kirschen oder sonst was handelte. Man muss dazu sagen, das alle die bei Gin & Tonic mit am Tisch saßen nicht in der Großstadt aufgewachsen sind, sondern die Wurzeln alle irgendwie in ländlichen Regionen hatten. Sprich, wir alle zugezogene Großstädter sind!

Durch ein Familien-/Nachhaltigkeitswochenende auf der Freusburg, welches ganz im Fokus der Umwelt-Enzyklika von Papst Franziskus (Die Sorge für das gemeinsame Haus) stand, vertiefte sich die Idee immer weiter. Die letzten zwei Dominosteine waren dann der Film Tomorrow, in dem sich große Teile mit Mischkulturen und Urban Gardening auseinander setzen und unser Sohn, der nach einem Besuch mit dem Kindergarten auf einem Erlebnisbauernhof erklärte, es müsse bei uns ein wenig mehr wie bei Onkel Karl werden. Schafe und Hühner konnten wir ihm noch ausreden, ebenso Walnuss- und große Obstbäume, aber wir versprachen ihm Obst (also was schon da war) und Gemüse.

Urban Gardening – unser großes Hochbeet am Küchenfenster

Eigentlich waren wir selbst schon Feuer und Flamme und wollten wissen, wie viel wir mit unseren begrenzten Möglichkeiten und nur einem kleinen Innenhof anpflanzen und ernten könnten. Unsere Idee reifte aber recht spät im Jahr, so dass unsere Ausbeute in diesem Jahr eventuell noch gering ausfallen wird.

Da wir mit dem grünen Daumen nicht unbedingt gesegnet sind, ist nun viel Trial and Error sowie gesunder Menschenverstand, ein wenig youTube, diverse Bücher und Gottvertrauen angesagt. An ein paar Erklärungen meiner Großeltern erinnere ich mich interessanterweise auch noch. Wir wollen euch auf unsere Reise zu einem Mischgarten mitnehmen und euch berichten, welche Ergebnisse wir in Beeten, Hochbeeten und Töpfen erzielen. Wir sind da selber sehr gespannt.

Planung und Umsetzung

Zunächst haben wir unsere alten Pläne der Gartenplanung wieder hervor geholt und geschaut, wo überall Anschlüsse der Gartenbewässerung liegen und wo wir eine gute Bewässerung sicherstellen könnten. Auf die Gartenbewässerung wollten wir zurückgreifen, damit alles autark bleibt, die Bewässerung weitestgehend automatisch passiert und wir nicht jeden Tag zwei Duzend Töpfe und Hochbeete gießen müssen. Denn schließlich sind wir auch nicht immer da, um die Bewässerung unserer Pflanzen sicher zu stellen. Zudem spart die automatisierte Tröpfchenbewässerung durchaus einige Liter Wasser.

Dann haben wir eine Inventur gemacht und alles an eingemotteten Töpfen wieder hervor geholt, was wir finden konnten. Eigentlich hatten wir im letzten Jahr beschlossen, den Großteil zu entsorgen, nun haben alle diese Töpfe wieder eine Funktion. So begann das Experiment mit verschiedene Sorten Tomaten, Peperonis, Paprikas sowie Bohnen und Erbsen. Es sollte aber schnell noch größere Formen annehmen.

Urban Gardening – helle Zucchini

Auf unserem Hinterhaus lagerten zu dem Zeitpunkt noch ein paar alte Baudielen – Überbleibsel unserer Sanierungsphase. Eigentlich hätten diese schon lange entsorgt werden sollen, doch ich kann mich immer so schlecht von solchen Dingen trennen. Da ebenfalls von der Sanierung noch einige 100 (Rest-)Schrauben in unserer Abstellkammer lagerten, beschloss ich ganz spontan an einem Nachmittag, daraus auf die Schnelle ein erstes Hochbeet zu bauen. Unser Sohn half dabei tatkräftig und innerhalb von anderthalb Stunden hatten wir das Beet komplett fertig.

So ein Erfolg ist natürlich direkt ein Motivationsschub. Somit war dieser Nachmittag der Anstoß zu noch mehr und wir überlegten, wo wir sonst noch überall Hochbeete hinstellen könnten. Prädestiniert waren hierzu insbesondere die „Dreckecken“ und die Möglichkeiten somit schnell ausgemacht. Bei unserem schmalen Garten können wir zudem auch nur schmale Hochbeete konzipieren, die sich entlang von Wegen und freien Ecken harmonisch ins Gesamtbild einfügen.

Eigentlich war unser Plan, auch hierfür gebrauchte Baudielen einer neuen Funktion zuzuführen, doch leider waren wir nicht in der Lage welche in der näheren Umgebung zu finden. Sprich, sie waren entweder zu teuer oder zu weit weg, weswegen wir uns dann für neue Baudielen aus nachhaltiger Forstwirtschaft entschieden haben.

Wie kommen wir dieses Jahr zu einer Ernte?

Die letzten Hochbeete haben wir inzwischen gebaut, an die Bewässerung angeschlossen und bepflanzt. Wir haben dieses Jahr einen Großteil der Pflanzen fertig im Gartenhandel erworben. Selber gezogen haben wir einige Rotkohlpflanzen, Radieschen, Kürbis und Bohnen. Im nächsten Jahr wollen wir alle unsere Pflanzen aus Saatgut selber heranziehen. Damit wir aber auch bei Tomaten und anderen Pflanzen noch ein befriedigendes Ergebnis erzielen, haben wir uns dieses Jahr für den Erwerb von Pflanzen entschieden. Das ist natürlich teurer, als einfach ein Tütchen mit Samen zu erwerben und wir haben vor, dies in den kommenden Jahren anders zu handhaben. Aber dann werden wir auch deutlich früher im Jahr beginnen, die Pflanzen heran zu ziehen.

Urban Gardening – Kürbise unter der Rutsche – wo sich eh kein Rasen hielt

Mit dem eigenen Anbau in der Stadt Geld sparen?

Ehrlich gesagt, da sind wir noch überfragt. Die Anfangsinvestitionen sind nicht zu unterschätzen. Hochbeete, Erde, Kompost, Bewässerung, all das kostet Geld und nicht zu knapp. Selbstgebaute Beete sind günstiger als fertig gekaufte. Tütchen mit Samen sind günstiger als fertige Nutzpflanzen, auch wenn diese nicht viel kosten. Dennoch, aktuell würde ich behaupten, das man kein Geld sparen kann, aber die Rechnung hat ja unten noch keinen Strich und letztlich wird es sich erst nach zwei / drei Jahren zeigen.

Fakt ist aber, dass der Anbau Nerven, Zeit und Geld kostet und der Erfolg nicht garantiert ist. Die Lebensmittel wie Gemüse und Obst sind in Deutschlands Supermärkten einfach recht günstig. So günstig, dass es sich aus finanzieller Sicht vielleicht tatsächlich nicht lohnt, selber Gemüse in übersichtlichen und begrenzten Verhältnissen heran zu ziehen. Das gute Gefühl selber sein Essen angebaut zu haben, das kann einem aber keiner nehmen.

Selber Anzubauen kann nur schwerlich ein Vergleich mit dem Supermarkt sein, wo alles piepend über die Kasse gezogen wird. Wir werden das Thema aber nicht aus den Augen verlieren und hier unsere Kosten und das Ersparnisse in einer Tabelle sammeln und nach einem Jahr mal einen Kassensturz machen.

Wie geht’s weiter?

Wir stehen noch ganz am Anfang und wollen euch an unserem Lernprozess teilhaben lassen. Schauen wir mal, was wir dieses Jahr noch geerntet bekommen und was wir schönes daraus zaubern können. Mal sehen, wie unser grüner Daumen sich entwickelt und was wir alles dazu lernen. Eines ist Urban Gardening jedenfalls, es hat meditative und entspannende Aspekte und ermöglicht bei Kontrolle der Pflanzen und anderer kleinerer Arbeiten, ein wenig runter zu kommen vom Alltagsstress.

Wir hoffen außerdem, dass es auch unseren Kindern weiterhin Spaß macht. Aktuell ist es manchmal schwierig, die Kinder davon zu überzeugen, die Finger von den kleinen grünen Tomaten, Paprika und Zucchini zu lassen. Zudem haben unsere Kinder eine Vorliebe für Schnittlauch entdeckt, der einfach im Vorbeigehen gepflückt und verspeist wird. Bei unserer kleinen Tochter (2,5J) macht uns das aktuell ein wenig Sorgen, denn es ist ja leider nicht jede Art von Pflanze essbar. Hoffen wir, dass unsere Erklärungen verstanden werden. Die Begeisterung ist bei unseren Kindern jedenfalls noch ungebrochen.

Urban Gardening – Mangold in vielen Ecken | im Hintergrund auch Rosenkohl

Motivation

Das ist auch gut so, denn die Begeisterung und die Momente zusammen mit den Kindern sind unbezahlbar. Ich meine, unsere Kinder haben mit dem Finger ein Loch gemacht, den Samen rein getan und die Löcher wieder zugeschüttet, haben Wasser darauf gemacht und dem Moment entgegen gefiebert, in dem die Pflanze das Köpfchen aus dem Boden gestreckt hat. Die Pflanze haben sie immer wieder beobachtet, bis die erste Blüte entstanden ist und waren enttäuscht, wenn dann an der Stelle nichts entstanden ist. Begeisterung kam auf, wenn auf einmal etwas kleines Grünes begann zu wachsen. Wenn man dies dann ernten und in der Küche gemeinsam zu einem schönen Essen weiter entwickeln kann, dann hat sich der Aufwand gelohnt. Diese Momente und das gute Gefühl kann einen keiner nehmen.

Zudem finden wir es wichtig, dass unsere Kinder lernen, wo Gemüse und Obst her kommen, dass diese nicht nur aus dem Supermarkt kommen und dass Arbeit dahinter steckt, Pflanzen heranzuziehen und zu ernten. Wir hoffen, dass unsere Kinder hierdurch auch eine ganz andere Art von Wertschätzung entwickeln. Zugleich erinnert es auch uns selber daran, dass der Einkauf im Supermarkt nicht selbstverständlich ist und wir selber auch wieder mehr Respekt und Wertschätzung vor Lebensmitteln haben sollten.

Ich behaupte außerdem, dass das selbst angebautes Gemüse zudem besser schmeckt. Nicht weil es besser ist, sondern weil einfach Emotion und Liebe in der Sache stecken. Wie bei einem Wein im Urlaub, der bei Sonne und Strand viel besser schmeckt, als später auf der heimischen Terrasse.

Urban Gardening – Gurken der Sorte Katrin

Zu guter letzt erinnert mich da ganze Projekt tatsächlich an meine Kindheit. An Zeit die ich mit meinem Opa hinter dem Haus verbracht habe, an dem er mit der Mistgabel die Kartoffeln aus dem Boden geholt hat, die wir dann gemeinsam eingesammelt haben. Die meine Oma dann auf der Terrasse geschält und direkt in der Küche verwertet hat. An den dunkele Keller, den ich immer ein wenig unheimlich fand, der aber voll gestellt war mit Einmachware für den Winter und wo Kartoffeln neben Äpfeln im Dunklen gelagert wurden. Mir fallen auch viele kleine Dinge wieder ein, die mein Opa im Garten mit den Pflanzen gemacht hat und wie er diese erzogen hat. Es ist irgendwie vielleicht verrückt, aber das ganze Projekt bringt mich gerade auch meinen eigenen Großeltern näher und lässt mach an die Zeit denken, die ich als Kind dort auf dem Grundstück verbracht habe. Nebenbei, meine Großeltern sind seit über 20 Jahren verstorben. Ich freue mich daher auch darüber, was mir alles wieder einfällt. Es ist also Mental neben einer Investition in die Zukunft auch eine Reise in die Vergangenheit.

Kategorie „Urban Gardening“

Wir waren uns zunächst nicht sicher, ob wir eine neue Kategorie auf „Natürlich Schöner“ für dieses Projekt schaffen sollten. Da wir nun aber schon seit knapp anderthalb Monaten an dem Projekt „Nachhaltiger Umbau zum Mischgarten“ arbeiten und erste Erfolge zu verzeichnen sind, haben wir beschlossen, hierüber zu schreiben. Die Rückmeldungen zu den Storys und Bilder bei Instagram haben uns dazu bewogen. Zudem sind wir gedanklich schon weiter und haben überlegt, wo wir im kommenden Jahr noch ein paar weitere Hochbeete hin stellen könnten. Uns schwebt da bspw. so eine Art Salatbar direkt auf der Terrasse vor.

Urban Gardening – Fleischtomaten

Wie oben schon geschrieben, wollen wir darüber schreiben, welche Ergebnisse wir in Beeten, Hochbeeten und Töpfen erzielen und welche Erfahrungen und Anfängerfehler wir machen. Vielleicht können wir damit auch andere, vielleicht auch euch begeistern und motivieren. Vielleicht können wir euch auch vor Fehlern, die wir selber machen, bewahren. Wir sind da selber sehr gespannt.

Daher, wer von euch lebt in der Stadt und zieht sich seine Tomaten, Paprika usw. selber auf dem Balkon? Wer von euch betreibt selber Urban Gardening oder hat es in Zukunft vor?

4 Kommentare

  1. Hallo Lars, schöne Impressionen aus eurem Stadtgarten! Wir haben uns dieses Jahr auch ans Gemüseanpflanzen in der Stadt gewagt! Schau doch mal auf http://www.chaosmitsil.de vorbei – dort dokumentiere ich unser ‚Projekt Stadtgarten‘. Liebe Grüße aus Kiel, Lea :)

  2. Find ich super. Das Höfchen unseres alten Bauernhauses ist auch sehr klein und wird gerade komplett umgestaltet. Hochbeete für urban gardening sollen aber unbedingt mit dabei sein. Kürbisse unter der Rutsche find ich super. Wir haben auch so ein paar Ecken, die da sicher sinnvoll genutzt werden könnten. Werde das mal gespannt bei Dir verfolgen. LG, Nadine

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